Flipdotuhr
(fertiggestellt Frühjahr 2013)
Es gab - und ich nenne keine Namen - Beschwerden über die Uhr, die in meinem Wohnzimmer hing. Angeblich würde sie zu laut ticken. Eine großangelegte Fahnung in allen (ja allen) Onlineshops ergab nur eine Uhr, die meinen bescheidenen Vorstellungen genügte. Ärgerlicherweise hieß es auf der >Seite, dass sie wohl nicht in absehbarer Zeit produziert werden wird. Dieser nicht akzeptable Zustand (lautes Ticken) hat dann ein wieder mal den Spieltrieb in mir geweckt. Über die Lautheit des Ergebnisses kann übrigens auch gestritten werden :D
Vorüberlegungen
Die präzisen Anforderungen
- modern
- fetzig
- genau
- zuverlässig
brachten mich auf die Anzeigen an den Tankstellen. Ein kurzer Blick auf entsprechende Preislisten ließ mich diese Idee ebenso schnell verwerfen. Einige halbherzige Versuche, Neodymmagneten zu verstecken, Magnetfelder zu berechnen und Spulen zu wickeln, ließ leicht erkennen: So geht es nicht.
Bild 1: Versuch des Selbstbaus von bistabilen 7-Segmentanzeigen
Zurück im Web habe ich dann glatt ein Angebot für fertige Flipdots erhalten und angenommen.
Bild 2: Testschaltung mit den gelieferten Flipdots
Tücken der Matrix
Mit der Sicherheit, an fertige Module heranzukommen ging es an die Anschaltelektronik. Eine ziemlich üble Sache, wenn man keine Lust hat, immer neue Einschränkungen in Datenblättern zu entdecken. Zudem kam die Tatsache, dass die Dots zum Schalten von schwarz nach weiß ihren Strom gerne in die andere Richtung hätten als beim Schalten von weiß nach schwarz. Bei mindestens 7 mal 21 Punkten (vier Zahlen a 5 Spalten und ein Doppelpunkt) kommen da einige Schwierigkeiten auf einen zu, wenn man möglichst wenige Bauteile verwenden will. Nach einigen Berechnungen und Simulationen mit esotherischen elektronischen Bauelementen kam ich dann auf diese, doch verhältnismäßig klassisch bestückte Schaltung:
Bild 3: Schaltung / Schaltung in voller Größe: >Link
Halbe H-Brücken für jede Spalte und jede Zeile sowie ein paar Demultiplexer haben sowohl das Anschaltungsproblem als auch das Pin-Problem am angedachten Mikrocontroller gelöst.
Bauphase
Bild 4: Flipdot-Matrix
Bild 5: Anschaltelektronik
Zeichen
Was angezeigt wird, muss sowohl geplant als auch codiert werden. Dafür habe ich einen hübschen Trick angewendet, um nicht so viele Fehler in den Zahlencodierungen einzubauen.
Bild 6: Zeichentabelle
Bild 7: Ein paar Alternativen von Zahlen
Der Quelltextrick:
Visuelle Codierung von Bitkombinationen definiert:
#define b________ 0x00
#define b_______X 0x01
#define b______X_ 0x02
#define b______XX 0x03
...
Und damit Buchstaben "gezeichnet":
static const uint8_t zeichen_spalten_bitmaske[44][5] PROGMEM =
{
{
// 0->'0'
b__XXXXX_,
b_X_____X,
b_X_____X,
b_X_____X,
b__XXXXX_
},
...
Fehler sind durch die visuelle Kontrolle quasi ausgeschlossen.
Tücken der Matrix 2
Wie bereits beschrieben, muss der Strom in beide Richtungen durch jedes Element der Matrixschaltung von Flipdots. Da Spulen leider nicht die tolle Eigenschaft von Leuchtdioden haben (was ich mir ja vorher schonmal überlegt hatte, ich schlauer), den Strom nur in eine Richtung durchzulassen, ließ sich der Umbau der Matrix nicht vermeiden. Die Anforderung von 360 Schottky-Dioden bei einer Elektronik-Sammelbestellung hat dann auch für Verwunderung gesorgt.
Bild 8: Die breiteren Querstreifen der Matrix samt Schottkydioden sind zu sehen, wie auch die Leiterplattenverbinder.
Fernbedienung
Zum Stellen und Einstellen der Uhr sowie zum Bedienen der angedachten Spezialfunktionalitäten war eine Fernbedienung unabdingbar. Diese hübsche Infrarot-Fernbedienung hat ein Steuerkreuz und eine weitere Taste, was die perfekte "Funke" ausmacht. Die Kodierung konnte man >hiermit, >hiermit und >hiermit gut herausfinden.
Bild 9: die Fernbedienung
Bild 10: Waveform eine NEC-Codierten IR-Fernbedienung von >hier kopiert
Metallbau
War nervig, aber nicht von allzu großen Tücken begleitet. Wenn man den Verschleiß von selbstfurchenden Schrauben und Bohrern unter Abstinenz außen vor lässt. Warum einem das niemand sagt, dass das mit Spiritus "geschmiert" viel schneller, einfacher, saberer geht...
Eines, was ich nirgendwo gut beschrieben gefunden habe, ist wie man gebürstete Aluminiumoberflächen herstellt.
- grob schleifen längs
- mittel schleifen quer
- fein schleifen längs und dabei nicht mehr anfassen (Handschuhe)
- mit Fit einreiben und abspülen und dabei nicht mehr anfassen (Küchentuch)
- abtrocknen und nicht mehr anfassen (Küchentuch)
- sofort mit Klarlack lackieren (wie dick bzw. dünn man z.B. Sprühlack auftragen kann will oder sollte, muss man an ein paar Probestücken probieren. Zu dünn zeigt Sprühmuster, zu dick verläuft, etc.)
Bild 11: Dots, Zwischenraumfüllung, Fernbedienungsempfänger und lackierter Innenrahmen
Bild 12: Deckrahmen mit Frontscheibe (noch mit Schutzfolie gegen Kratzer)
Bild 13: Rückseite
Fertigstellung
Die letzten Arbeiten sind, das Netzteil mit Stecker zu versehen, nochmal alle Steckverbinder zurecht zu ruckeln und die Uhr an der Wand anzubringen. Der Witz bei der Sache: sie ist nicht viel leiser; jedoch nur einmal in der Minute laut. Und man kann damit spielen, was den Lärm mehr als wett macht :)
Bild 14: Uhr an der Wand
Video 1: Uhr in Action
Future work
Wie man leicht sieht, habe ich bei den Zwischenräumen gespart. Inzwischen will ich die vier Pappstreifen doch noch als Flipdots ausführen, sehe aber die Transportkosten nicht ein. Falls also noch wer solche Dinger bestellt: Ich hätte gerne welche, sofern nicht jemand schneller war.
Galerie
Bilder in voller Auflösung